Samstag, 23. April 2011

Der Eisenbahnergarten

Wenn man sich bei der Vorbildrecherche mit den Anwohnern unterhält, dann bekommt man nicht nur Informationen über Bahngebäude und Gleisanlagen. Viele Menschen haben eine ganz andere Blickweise auf das Thema. Vor allem die holde Weiblichkeit hat oft ganz andere Beobachtungen gemacht.

So tauchte in der Erinnerung mehrerer Anwohnerinnen sehr früh der Eisenbahnergarten auf. Er befand sich auf der Gleisseite des Empfangsgebäudes aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er grenzte somit direkt an den Bahnsteig von Gleis 1. und hatte auch eine beträchtliche Länge von immerhin fast 200 m.

Eisenbahnergärten? Früher waren sie nicht weg zu denken. Verbindet man heute damit höchstens noch prachtvoll mit Blumenkästen dekorierte alte Postengebäude, wie etwa den bekannten Abzweig Gladbeck Zweckel, so hatten diese Gärten bis zur Mitte des 20. Jh. einen viel wichtigeren Zweck. Der Bahnhofsvorsteher bekam von der Bahn im Regelfall neben dem Lohn den Wohnraum für sich und seine Familie gestellt. Das war in der damaligen Zeit der Industrialisierung der Regelfall, auch im eng mit dem Eisenbahnwesen verknüpften Bergbau war das Schaffen von Wohnraum für die Arbeitskräfte üblich.


Der Eisenbahnergarten mit dem Empfangsgebäude und den Stallungen im Hintergrund

Um sich selbst versorgen zu können wurden neben den Eisenbahnerwohnungen, oft im Empfangsgebäude, Stallungen für Kleinvieh und Flächen zur agraren Bewirtschaftung gestellt. Im Gegensatz zum heutigen Schrebergarten, der sich oft in der Nähe von Bahnanlagen findet, dienten diese selbst erwirtschafteten Lebensmittel durchaus der eigenen Ernährung.


Die Pflanzen im vorderen Bereich: Zucchini, Kohlrabi, Erdbeeren aus Schaumstoffflocken, Blumenkohl, Fenchel, Schlangengurken (alles Busch) und Porree (Noch)

Die Spuren des ehemaligen Eisenbahnergartens am Bahnhof Ondrup sind heute komplett verwischt. Zwar ist der Bahnsteig von Gleis 1 noch erhalten, doch wurden dahinter massive Änderungen vorgenommen. Heute befindet sich dort ein Graben zur Entwässerung des Bahnkörpers. Dieser ist von einem dichten Gebüsch umgeben und nimmt die gesamte Gartenfläche ein.

Beim Nachbau war ich auf die Berichte der Ondruper und auf die schemenhaft zu erkennenden Grundrisse des Gartens auf dem 1961er Luftbild angewiesen. Die diversen Zubehörhersteller bieten mittlerweile eine Vielzahl von Blumen und Nutzpflanzen für den H0-Floristen an. Busch hat die Natur-Pur-Serie, Noch die Lasercut Minis. Da es dabei wenige doppelt besetzte Pflanzen gibt kann man einfach zugreifen.

Der Modellgarten sollte noch vor der äußeren Kante des Moduls abgeschlossen und durch eine Hecke begrenzt sein. Der dort verlaufende Weg sollte noch im Ansatz sichtbar sein. Somit bleib eine Breite von ca. 6 cm inkl. Gartenweg. Die Länge des Gartens sollte zunächst 130 cm betragen, was sich aber noch verändern wird.


Der mittlere Teil des Gartens: Schlangengurken (Busch), Porree (Noch), Salatköpfe (Busch), Tomaten (Busch), Kohlrabi (Noch), Roter Salat (Busch), Brokkoli (Busch), Spinat (Busch), Roter Kohlrabi (Busch), Rote Salatköpfe (Busch) und Johannesbeerbüsche aus Seemoos

Grundlage für den Garten ist zunächst wieder selbst gesiebter Mutterboden vom Acker der Wahl. Die Platten des Gartenweges hören in etwa der Mitte des Gartens auf. Sie bestehen aus in Einzelplatten geschnittenen Papp-Platten von Busch.


Hinten im Garten: Bohnen (Noch) und Mais (Busch)

Die Gartenhütte entstand aus Furnierhölzern, der Inhalt aus Überbleibseln in der Bastelkiste. Der Boden in der Hütte wurde mit Papp-Platten von Busch belegt. Einige Gartenutensilien aus der Bastelkiste fanden noch ihren Weg in den Schuppen und warten auf den nächsten Einsatz bei der Gartenarbeit.


Hässlich geblitzt: Der Innenraum des Geräteschuppens

Die Wäscheszene mit Mutter, Tochter und Hund ist frei erfunden und so wahrscheinlich nicht vorgekommen. In der Nähe von Dampfloks, erst recht nicht wenn diese dort anfuhren, hat sicher niemand den Versuch unternommen weiße Wäsche zu trocknen.


Geräteschuppen und Waschfrauenszene

Die Hecken enstanden mal wieder aus Heki-Kompaktlaub. Schneidet man es in gleichmäßige Streifen und reißt es anschließend in unterschiedlich lange Abschnitte entsteht der Eindruck einer recht natürlichen Hecke. Außerdem ist das Zeug strapazierfähig, was am Rand des Moduls gerade beim rauhen Ausstellungsbetrieb von Vorteil ist.


Hinten im Garten: Rüben (Noch), Kürbisse (Busch) und Kartoffelpflanzen aus Heki Kompaktlaubresten

Zu den verschiedenen Pflanzen von Busch und Noch werde ich nicht viel verlieren, der Zusammenbau wird in den Anleitungen beschrieben. Im Nachhinein würde ich nur 2 Sachen anders machen: Zucchini ist einfach zu jung für einen 60er-Jahre Eisenbahnergarten, kamen sie doch erst in den 70er Jahren nach Deutschland. Und diese Rankhilfen für die Tomaten sind ebenfalls viel zu modern. Aber sie stabilisieren die Tomatenpflanzen so schön!


Der Zug hält am Bahnsteig direkt hinter dem Eisenbahnergarten, hier auf dem Fremotreffen in Rheda 2010.

Ins Geld gegangen ist das ganze Spektakel auch. Ca. 1 Euro je cm Gartenlänge musste ich berappen. Und da sind schon die Teile mit gerade abgeernteten Reihen und aus grünresten geschusterte Kartoffelreihen mit eingerechnet. Ein Hingucker ist der Garten aber allemal geworden. Und wie schon zu Beginn des Artikels erwähnt fällt das vor allem, na wem wohl, den weiblichen Zuschauern besonders auf!


Auch aus dem Zug muss man damals den Garten gesehen haben. Die Sonnenblumen (Busch) lockern die Szene etwas auf. Immer darauf achten: Alle Sonnenblumen in die ungefähr gleiche Richtung gedreht verbauen!

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