Samstag, 10. November 2018

Der Nahgüterzug: Maximaler Spielspass

Wenn man sich eine Modellbahn baut, dann viel man zuerst mal eines: Züge fahren lassen. Aber was kommt, wenn man nach 10-20 mal hin und her bzw. im Kreis fahren alles gesehen und erfahren hat? Und was für einen Sinn hat es, einfach einen Personenzug oder einen durchgehenden Güterzug nur von A nach B zu fahren, ohne dabei eine sichtbare Aufgabe erfüllt zu haben? Da ist man schnell wieder bei Ivo Cordes und dem besonders im Fremo ausgeführten "Spielen mit Sinn".

Das beste Beispiel für diese Vorgabe ist sicherlich der Nahgüterzug, kurz Ng. Dieser bringt den einzelnen Betriebsstellen, so diese denn welche angefordert haben, die bestellten Frachten. Um dies möglichst spielend von der Hand gehen zu lassen sind 3 Jobs besonders wichtig: Der Fahrplanmacher, der Wagenmeister im Schattenbahnhof, und der Zugführer des Ng selbst.

Schon beim Erstellen des Fahrplans sollte sich der Planer Gedanken machen, welche Reihung des Zuges Sinn macht. Ein Nahgüterzug ist nämlich in Gruppen eingeteilt, die je einem Bahnhof zugeordnet sind. Dazu ist eine gewisse Kenntnis der Betriebsstelle, und die Ausrichtung dieser im Arrangement wichtig. Das entscheidet nämlich schon darüber, ob die Wagen für einen Bahnhof einer Gruppe im vorderen oder hinteren Teil des Zuges zugeordnet werden. Beim Zustellen sollten möglichst nur die Wagen bewegt werden müssen, die man auch zustellen möchte. Das spart Zeit und Ausziehlänge, mir der man womöglich benötigte Streckengleise blockiert und die anderen Zugfahrten behindert. Ebenfalls wichtig ist zu wissen, ob der angefahrene Bahnhof über eine Ortslok verfügt, denn dann macht des meist Sinn, die auszustellenden Wagen bei der Ankunft am Schluss des Zuges zu führen, um einfach abzukuppeln und die Fahrt fortzusetzen. All diese Information sollten sich im Idealfall später sowohl in der Bahnhofsfahrordnungen, als auch in den Buchfahrplänen wieder finden. Doch das ist beim verwendeten Fahrplanprogramm leider manuelle Arbeit, und daher sehr zeitaufwändig.


Die Reihung des Güterzuges ist in der Bahnhofsfahrordnung vorgegeben.

Ist das Arrangement dann aufgebaut, die Posten vergeben und die Session steht bevor, hat der Bediener des Schattenbahnhofes die Aufgabe die vorgegebenen Wagenreihung so in den Zug einzustellen. Auch an dieser Stelle kann dem Zugführer die Aufgabe noch erleichtert werden, wenn innerhalb der Gruppen vorsortiert wird. Dazu ist dann aber eine kurze Abstimmung zwischen künftigen Zugführer und Schattenbahnhofsbediener sinnvoll.


Die Wagengruppe für den Bahnhof Buldern ist vorn eingestellt.


An zweiter Stelle läuft die umfangreiche Gruppe für Membach.


Die Wagen für Merfeld laufen an dritter Stelle.


Am Zugschluss sind die Wagen für das Anschlussgleis von Stevertal eingestellt.

Zusätzlich muss eine passende Lokomotive ausgesucht werden. Diese muss vorn und hinten über gute Kupplungen, also am besten nur Haken ohne Bügel, und gute Stromabnahme und Fahreigenschaften verfügen. Starke Verzögerungen beim Anfahren und Bremsen, so schön Soundfunktionen auch sind, entpuppen sich schnell als absolutes Gift bei Zeitnot. Man darf nie vergessen, dass diese Verzögerungen, genau wie die gesamten Rangiermanöver, in Echtzeit ablaufen, die Modellzeituhr aber unerbittlich mit Faktor 5 bis 6 weiter tickert.


Die Reihung des Güterzuges ist in der Bahnhofsfahrordnung vorgegeben.

Offene Güterwagen sollten mit den entsprechenden Materialien bestückt werden, die meist von der bestellenden Betriebsstelle zur Verfügung gestellt werden. Ein zu Epoche und Einsatzort passender Güterzugbegleitwagen rundet die Optik des Güterzuges ab. Auch hier sollten die Kupplungen top eingestellt sein, denn kein anderer Wagen macht bei Rangierarbeiten mehr Kuppelmanöver als dieser Wagen. Handelt es sich bei der Lok um eine Diesellok, oder ist eine sonstige Unterkunft für den imaginären Zugführer im Zug vorhanden, kann der Begleitwagen natürlich entfallen. Das geht aber wiederum nicht, wenn die Begleitwagen auf einem größeren Arrangement über einen Umlauf verfügen, und dann beim folgenden Zug fehlen würden.


Die Wagenkarten für den fertigen Ng, welche man am besten in einer Tasche am Gürtel mitführt.


Ausfahrt des Zuges aus dem Schattenbahnhof Welte.

Nach all dieser Vorbereitung beginnt der Spass für den oder die Bediener des Ng. Bei sehr umfangreichen Güterzügen, und wenn die Personaldecke es zulässt, ist eine Teilung der Aufgaben möglich. Einer bedient mit dem FRED die Lok und achtet auf die Signale, der andere trägt Fahrplan, ein Werkzeug zum Entkuppelun und Wagenkarten. Er kann zwischen den Bahnhöfen schon einmal die Wagenkarten sortieren und die nächsten Rangiermanöver planen. Weniger effektiv ist es, wenn beide meinen sie könnten alle Aufgaben erfüllen. Das regt zwar die Diskussionskultur an, belustigt aber eher die Mitspieler und dauert meist länger.


Der Güterzug kommt in Buldern auf Gleis 1 zum Stehen.

In den Bahnhöfen ist zunächst wichtig, auf dem korrekten Gleis zum stehen zu kommen. Dabei sollte nicht die erste zu bedienenden Weichen mit dem Zug zugestellt wurden. Mit dem Fahrdienstleiter wird zunächst der grobe Ablauf abgestimmt. Dann wird der Zug getrennt und die einzelnen Wagen zugestellt. Dabei darf nicht vergessen werden auch die zugehörigen Wagenkarten abzulegen.


Der Ng wurde hinter der Bulderngruppe abgetrennt und hat vorgezogen, um nach Gleis 3 hinein drücken zu können.


Die Wagen werden sinnvoll in Gleis 3 verteilt, hier z.B. der Wagen fürs Stückgut in Gleis 3a am Schuppen.


Die Wagenkarten wurden in die entsprechenden Boxen gesteckt.


Hier hat die Zuglok mit dem Begleitwagen schon wieder an den Rest des Zuges angekuppelt.


Und Abfahrt aus Buldern.

So hat man dann die Freude daran Wagen zu verteilen, und mit guter Fahrzeugbeherrschung sogar sein Können zu beweisen. Auch der damit verbundene Denksport löst nach der Bewältigung Glücksgefühle aus. Vielleicht hat sogar der eine oder andere Lokführer eines Fensterzuges neidisch zur Seite geschaut, weil der es im langsam langweilig wurde, einfach nur von Bahnsteig zu Bahnsteig zu bummeln.


In der Gleiswendel hat die Lok ordentlich zu ackern.


Geschafft, die Blockstelle Tunnel ist erreicht.


Noch ist der Nahgüterzug deutlich länger als die Lüdinghauser Kanalbrücke.

Natürlich ist der hier beschriebene Ng nur ein Verteiler. Das Gegenstück dazu ist der Sammler, der meist in Gegenrichtung die in den Bahnhöfen ent- oder beladenen Wagen wieder einsammelt. Gerade bei offenen Güterwagen oder Flachwagen ist es dann schön, wenn die Ladung sich entsprechend verändert hat. Beim Einsammeln ist die Reihenfolge nicht mehr wichtig, man fährt ja meist sowieso in die Schattenbahnhöfe ab. Außer der Fahrplaner hat sich irgendwelche Spezialfälle ausgedacht, oder man legt wert darauf, Güterwagen ohne Luftleitung wirklich am Ende des Zuges einzustellen.


In Stevertal kuppeln zunächst Lok und Begleitwagen vom Zug ab.


Der gesamte Zug wird auf Gleis 2 umfahren.


Die drei zuzustellenden Wagen werden am Zugende abgekuppelt und für die Zustellung nach Gleis 3 ausgezogen.


Hier sieht man die drei zugestellten Wagen an Gleis 3, Lok und Begleitwagen setzen sich bereits wieder vor den Zug.

Im Schattenbahnhof hat dann wiederum der dortige Bediener die abgelieferten Wagen und Wagenkarten zu sortieren, und für die nächste Session auszutauschen. Oftmals sind die Wagen natürlich nicht leer, und müssen in nachfolgende Züge eingestellt werden. Bei kleinen Arrangements wie beim MEC Dülmen diesen Herbst ist das eher unüblich, auf Fremotreffen mit der fixen Idee einen Binnenverkehr zwischen teilweise benachbarten Bahnhöfen durchzuführen, eher die unrühmliche Regel.


Am Haverlandweg vorbei geht die Fahrt weiter.


Gleich wird der Bahnhof Membach erreicht.


Hier wartet viel Arbeit, Membach hat jede Menge Anschlussgleise. Acht Wagen müssen zugestellt werden.


Die Schulweg KG erhält einen Kesselwagen, und unter den Bockkran wird ein großer Flachwagen für die Verladung von zu versendenden Gütern bereit gestellt.


An der Rampe wurden ein Kühlwagen und ein weiterer Rungenwagen zugestellt, während auf Gleis 1 ein Personenzug Halt macht.


Hier wird zunächst der Brennstoffhandel Schwarzhaupt Kohlen beliefert, nachdem sich die Rangierabteilung eingeschlossen und das Streckengleis somit gesichert hat.


Der Schwenkdachwagen an der Spitze der Rangiergruppe muss noch zum Silo des Landhandels gedrückt werden.


Nur noch drei Wagen für Merfeld sind im Zug, als der fertig zur Abfahrt gebildet ist.

Wer sich noch weiter in die Materie vertiefen möchte, dem empfehle ich die Lektüre des Artikels "Güterverkehr II" von Christoph Riegel im Modellbahn-Kurier 38 aus dem Jahr 2012, mit Fotos von Thomas Woditsch. Eigentlich eine Pflichtlektüre vor jedem Fremotreffen, denn alle Grundlagen werden auch dort beschrieben. Denn so eingestimmt führt der Dienst auf einem Nahgüterzug nicht zu Frust, sondern zu viel Lust an der Modellbahn, und dem Spielen mit Sinn.


Fast ist der Schattenbahnhof Spiekerhof erreicht, hier passiert der Zug das Einfahrsignal.


In Spiekerhof macht der Ng einfach nur Kopf, das heißt er fährt in die entgegengesetzte Richtung weiter.


Hier drückt der Ng die Wagen über den Abzweig Stevern in Richtung Merfeld.


Der Bahnhof Merfeld verfügt über Schlüsseltechnik. Zunächst sind die Gleissperren mit dem Streckenschlüssel zu öffnen (rechte Schließung). Mit dem dann frei werdenden Weichenschlüssel wird die zugehörige Weiche aufgeschlossen und kann dann gestellt werden (linke Schließung).


In Merfeld erhält zunächst der Schrotthändler Ludzey einen leeren O-Wagen.


Am Landhandel werden noch ein Wagen am Schuppen und einer an der Ladestraße abgestellt.


Damit sind alle Aufgaben abgeschlossen. Übrig bleiben Lok, Begleitwagen und der Streckenschlüssel, der wieder in Spiekerhof abgegeben haben muss. So ist sicher, dass alle Weichen in Grundstellung stehen.

Hier Nochmals die Galerie Herbstfahrtage Buldern 2018, vielen Dank an alle, die diesen etwas längeren Bericht durchgehalten haben.

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