Donnerstag, 9. Juni 2011

Gasthof zum Bahnhof Teil 1

Das Vorbild:
Nicht weg zu denken von den meisten Bahnhöfen ist die Bahnhofswirtschaft. Meist ist sie in das Empfangsgebäude integriert. In Ondrup war das anders. Die Bahnhofswirtschaft wurde nach dem Empfangsgebäude gegenüber auf der anderen Straßenseite erbaut. Erbauer war, genau wie beim Empfangsgebäude, die Baufirma Döpper.


Der Gasthof Döpper in den 1930er Jahren. Foto Familie Reher.

Den Berichten der Ondruper Bevölkerung nach kam bei den Anwohnern bei der Planung des Bahnhofes früh der Wunsch nach einer Bahnhofswirtschaft auf. Es gab aber auch Gegner, deren Hauptwortführer der Bauunternehmer Döpper selbst war. Kurz nach Eröffnung des Bahnhofes und nach Fertigstellung des Empfangsgebäudes besann sich dieser und erbaute selbst den Gasthof, den er auch betrieb. Ein Schelm der Böses dabei denkt! Noch heute ist die Wirtschaft in Familienbesitz und wird als "Cafe Mare" von seiner Ur-Enkelin betrieben.


Das Cafè Mare in Ondrup vor einigen Jahren. Foto von Thomas Woditsch.

Das heutige Gebäude ist 2-schiffig, an der Front befindet sich ein Giebel parallel zur Straße. Dieser Gebäudeteil ist das ursprüngliche Haus von 1909. Daran angesetzt wurde ein quer zur Straße stehender Gebäudeteil, dessen Giebel über das alte Gebäude hinaus ragt. Das genaue Baudatum ist nicht bekannt, es muss aber vor 1937 liegen, da dieser Anbau schon auf einer Fotoserie sichtbar ist, die vor dem Bau des neuen Stellwerkes Of aufgenommen wurde. Auch das 1939er Luftbild zeigt schon den Anbau.
Der Anbau wurde später noch einmal um ca. 3 Meter für einen Sanitärtrakt erweitert, Baudatum unbekannt aber wahrscheinlich auch vor 1939. Die Kegelbahn ist zwar ebenfalls mit der Gastwirtschaft verbunden, wurde aber nur als einfacher Flachbau erstellt und findet auch im Modell keine Berücksichtigung. Vor allem aus Platzgründen habe ich ihn weg gelassen.

Das Modell:
Zu Beginn musste ein weiterer Anbau in Form eines Holzrahmens gebaut werden. Dieser hat eine Größe von 34 x 50cm und passt somit in die Transporteinheiten des Modell-Bahnhofes. Eigentlich hätte die Kiste tiefer als 34 cm werden müssen, um den vorbildlichen Abstand des Gebäudes vom Empfangsgebäude einzuhalten. 5 cm fehlen nun. Der Bahnhofsvorplatz hat aber so schon eine ausreichende Größe und um kein weiteres Bein anbauen zu müssen wollte ich es mit der Auskragung nicht übertreiben.

Bei der Planung des Gebäudes konnte ich auf originale Pläne zurückgreifen. Diese wurden ins AutoCAD übertragen und dann maßstäblich ausgedruckt, um Vorlagen für die Größe und Fensterausschnitte zu erhalten.

Die Bauweise war von vornherein klar: Da es sich um ein verklinkertes Haus handelt habe ich mich für Mauerplatten von Auhaugen entschieden. Da diese nicht hoch genug waren mussten die Platten zunächst verlängert werden, auch in der Breite musste vergrößert werden. Das genaue einhalten und passende anfügen des Klinkermusters musste ich beachten. Dann konnte zugeschnitten werden. Auch die Fensterstürze und Fensterbänke sind aus dem Auhagen Sortiment für Fenster. Zwar sind es die gleichen Fenster wie beim Empfangsgebäude, aber auch im Vorbild war wohl der Fensterbauer der gleiche.


Die fertige Hauptwand. Die Nähte vom Zusammenfügen der Mauerplatten sind gut zu sehen.


Anprobe der Fenster. Die Oberlichter erhalten noch feinere Sprossen aus Polystyrol-Streifen.

Zunächst wurden alle Wandelemente zugeschnitten, alle Fensterbänke und Stürze einbaut und die Fugen in die Fensterleibungen hinein erweiteret, so dass diese nicht einfach nur als glatte Flächen erscheinen.


Die Fensterlaibungen, in denen sich das Muster des Mauerwerkes fortsetzt

Dann erfolgte eine weitere Verlängerung der Mauern, die durch einen durchlaufenden Sims auf Ebene der Kellerdecke unterteilt wird. Die Enden der Platten werden auf der Flach-Feile im 45° Winkel angeschrägt, um eine durchgehendes Fugenbild an den Ecken des Gasthofes zu erhalten.


Alle Wände des Gebäudes mit Verlängerung nach unten

Als nächster Schritt der Zusammenbau aller Wände mit Polystyrolkleber. Eine Verstärkung der Ecken erreicht man durch das Einkleben von Mauerresten in den Ecken. Liegen diese auf der Höhe der Keller- und Erdgeschossdecke tragen sie zusätzlich die später einzubauenden Kartonböden. In den Ecken wurde nicht mit Klebstoff gespart, spätestens nach der ersten Lackierung müssen alle Fugen gefüllt sein.


Das zusammengefügte Haus


Stellprobe auf dem Seitenanbau. Neben dem zierlichen Empfangsgebäude ist der Gasthof wirklich ein ganz schöner Brocken.

Dann folgte wieder eine langwierige Lackierung in der Trockenbürst-Technik. Zunächst alles Fugengrau übergejaucht und dann mit trocknem Pinsel die Steine in Ziegelrot bemalt. Benutzt habe ich Revell Aqua-Color. Wichtig wie immer: Pinsel öfters auswaschen und dann gut ausdrücken, sonst werden die Wände scheckig.

Ich wollte einen Bauzustand des Gebäudes darstellen, in dem der Giebel noch grau verputzt war. Auch die Fensteranordnung war eine andere als heute. Dazu habe ich einfach grauen Karton auf die Mauerplatten aufgeklebt und diesen dann mit Nitro-Farbe weiß gestrichen. Auch die mittlerweile in der Größe angepassten und mit feineren Sprossen ausgestatteten Fenster konnten eingebaut werden.


Die Auhagen-Fenster mit verändertem Oberlicht. Die feinen Sprossen wurden einzeln aus Polystyrolstreifen geschnitten.

In der Breite habe ich mich dieses mal an die Standardmaße der Auhagen Fenster gehalten. Unten die breiteren, oben die schmalen. Das entspricht exakt der Vorbildsituation. Die rechteckigen Fenster ohne Oberlicht wurden ebenfalls aus Resten der Auhagen-Tüte zugeschnitten. Auch hier ist das Bemalen der Fenster wichtig. Zunächst wird dem Kunststoff der Glanz genommen. Außerdem verhindert schon ein dünner Auftrag weißer Farbe das Durchscheinen von Licht, vor allem wenn man das Gebäude später beleuchten will. Diese Entscheidung stand bei mir nicht von Anfang an fest, ich wollte mir die Option aber offen halten.


Fertig bemalt, mit Putzschicht und Fensterrahmen.

Nun kam eine weitere Baustelle, die ich ein wenig unterschätzt habe, mit deren Ergebnis ich aber hoch zufrieden bin: Das Dach. Problem ist die Geometrie genau passend zu gestalten, mit dem Problem des doppelten Giebels und der Walme an fast allen Giebelenden. Schon die Materialmenge, 3 mal die Dachziegelplatten von Auhagen, sind ein Wort (auch was Kosten angeht). Die Platten mussten ebenfalls erstmal verlängert werden. Nach dem Messen der am Gebäudekorpus erreichten Giebellängen ging es an den Zuschnitt. Zunächst wurden die Hauptflächen gebaut. Die Walme wurden dann mit Übermaß zugeschnitten und durch Feilen auf das richtige Maß gebracht. Nach dem Einkleben wurden die Übergänge flach gefeilt und die Giebelziegel aufgeklebt.


Das fertige Dach bei einer weiteren Stellprobe. Noch ist der Übergang zwischen den beiden Giebeln nicht geschlossen.

Für den endgültigen Standort wurden nun die Gebäudeumrisse in die Landschaftshaut eingeritzt und in der Dicke der Mauerplatten ca. 3 mm tief in den Untergrund eingekerbt. So versinkt der Gasthof im Untergrund und schwebt nicht mehr mit sichtbarer Fuge über dem Gelände. Der Blickwinkel des Betrachters ist in der Regel so flach, dass die Fuge nicht wahrgenommen wird. Sie wird später zusätzlich mit Sand, Schotter und Gras kaschiert. So bleibt das Gebäude weiterhin abnehmbar, dazu später mehr.


Ansicht von der Straßenseite aus: Der Gasthof ist nun an seinem endgütligen Standort eingelassen

Soviel also zunächst vom Rohbau des Gebäudes. Bis zu diesem Punkt waren ca. 100 Arbeitsstunden in den Bau geflossen. Mehr dann im 2. Teil des Bauberichtes.


Aus der Preiserperspektive wirklich ein beeindruckendes Gebäude, der Gasthof zum Bahnhof

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