Wenn man schon ein Stück Ondrup im Bastelzimmer stehen hat, dann ist das die Gelegenheit weitere neue Erkenntnisse umzusetzen. Auf dem schon für den Umbau des Gartens genutzten Foto konnte man noch ein weiteres Detail sehen: Ein Stationsschild in Form eines Dreibocks. Diese Konstruktionen aus drei Stützen und zwei Stationsschildern sind zumindest in Dülmen und Merfeld ebenfalls dokumentiert. Leider kann ich die Bilder hier nicht zeigen. In Dülmen wurde eine Laterne als vordere Stütze mit verwendet. In Merfeld war es eine in den Boden gerammte Schiene. Die verwendeten Schriften sind nicht eindeutig zuzuordnen, ich denke es handelt sich um in Handarbeit erzeugte DIN 1451 Mittelschrift. Die Buchstabenbreiten passen aber nicht, daher tippe ich auf Handarbeit.
Der Dreibock mit einem Schienenprofil als vordere Stütze.
Für das Ondrup Modell habe ich auch auf die DIN 1451 Mittelschrift zurückgegriffen, die man sich im Internet kostenlos herunter laden kann. Ich habe mich für einen um eine Laterne herum gebauten Dreibock mit Schiene als vordere Stütze entschieden. Ich könnte mir aber auch die Laterne als Befestigungspunkt vorstellen. Vorteil der Mitnutzung einer Laterne ist, bei Modell und Vorbild, die damit vorhandene Beleuchtung des Stationsschildes. Auch die Bahnsteiguhr war nach meinem Eindruck von den Vorbildfotos in das Arrangement integriert. Die Schilder haben eine Breite von 2,3 cm, und eine Höhe von 0,6 cm (entsprichte 2,00 x 0,50 m beim Vorbild).
Laterne, Stationsschilder und Bahnhofsuhr bilden eine Einheit.
Bei diesen Nachforschungen habe ich mich mal wieder in das Thema Schriften bei der Bahn vertieft. Um das nicht zu vergessen schreibe ich es mal hier zusammen und lasse die Blogleser daran Teil haben. Wissenschaftlichen Anspruch erhebe ich nicht, und vieles ist abgeschrieben. Ich würde mich aber freuen, wenn sich einige Stationsbesitzer noch ein paar mehr Gedanken zu diesem Detail machen würden. Immernoch Modellbahnhöfe mit Arial-Beschriftungen zu sehen finde ich persönlich sehr frustrierend.
In der Kaiserzeit waren Schmuckschriften an Bahnhöfen oft zu sehen. Aufgrund der verschiedenen Länderbahnen lässt sich aber nicht DIE Schrift benennen. Bei preußischen Bahnhöfen war z.B. eine Schriftart gebräuchlich, die sich heute mit der Schriftart Tannenberg darstellen lässt. Allerdings haben sich auch bei den Preußen Schriften aus der Privatbahnzeit lange gehalten. In Dülmen kann man auf einem Foto aus dem Stadtarchiv nicht näher definierbare Großbuchstaben erkennen.
Mit der Verstaatlichung und der DRG kamen einheitlichere Schriften. Wer Bahnstationen aus den 1920er Jahren darstellt liegt mit "DIN 1451 Engschrift" meist richtig. Unterschied zur später gebrächlichen DIN 1451 Mittelschrift (DB) sind die schrägen "Dächer" einiger Buchstaben.
In Holtwick war noch bis zum Abriss ein Schild mit DIN 1451 Engschrift vorhanden. Ich hoffe dieses Schild konnte für die Nachwelt erhalten bleiben.
In den 1930er Jahren wurden viele Schriften weiter vereinfacht. Die DIN 1451 Mittelschrift wurde gebräuchlich. Da diese auf langlebige Email-Schilder gedruckt wurden haben sich viele dieser Schilder noch bis heute erhalten, wie die unten zu sehenden Beispiele zeigen. Bis in die 1950er Jahre war diese Schrift auch bei der Bundesbahn üblich.
Am Lüdinghäuser Stellwerk Ln hat sich ein altes Stationsschild mit DIN 1451 Mittelschrift DB erhalten.
In Bork ist eine Variante mit Klammern und kleinerem Stationszusatz angebracht.
In der Nachkriegszeit wurde dann die bis heute am längsten gebräuchliche Schriftart eingeführt. Wahrscheinlich zeitgleich mit dem Aufkommen des "DB-Kekses" im Jahr 1956 ging man zu einer klaren Schrift aus Großbuchstaben über. Über diese Schriftart und wie sie im Modell darzustellen ist findet man im Netz einiges. Ich bin mir sicher, dass es sich um die Schriftart "Erbar Grotesk" handelt. Viele werfen die frei herunterladbare "Bahnhofs Futura" in die Waagschale. Ich halte das für quatsch. Futura Schriften sind den DB Schriften nicht unähnlich, so werden zum Beispiel die spitzen Buchstabenenden dargestellt. Dafür passen die Rundungen nicht, war besonders beim "B" auffällt, der obere Bogen ist zu klein. Erbar Grotesk habe ich leider noch nirgends zum freien download gefunden.
Die Schrift wurde nicht nur für Stationsschilder, sondern auch für viele andere Beschriftungen in Bahnhöfen, wie z.B. Wegweiser oder Gebäudebezeichnungen genutzt. Auch die aus Beton gegossenen Buchstaben am Bahnhof Buldern sind in dieser Schriftart gehalten.
In Bonn-Oberkassel findet man auch heute noch dieses sehr breite und daher zweiteilige Stationsschild am Empfangsgebäude.
Ebenfalls noch vorhanden ist das Statinsschild der Blockstelle Feldhausen in Erbar Grotesk.
Auch das erst gestern aufgenommen Schild von Kattenvenne zeigt herrlich die Eigenheiten der Schriftart.
Und kurz geht es auch. Bork hatte zumindest vor 2 Jahren noch dieses Relikt zu bieten.
Die nächste Schrift wurde Ende der 80er Jahre (evtl. 1986) noch von der Bundesbahn eingeführt. Einher ging die Einführung mit dem Erscheinen der fern- oder lichtblauen Umrandungen der Stationsschilder, die nun mit der Schriftart Helvetica wieder kleine Buchstaben aufwiesen. Sehr schön hat Ralf Büker diese Schriftart dokumentiert, schaut euch mal diesen Link an: www.ralf-bueker.de. Zu sehen gab es aber auch viele alte Schilder, die einfach nur hellblau umrandet wurden. In Coesfeld gab es z.B. solche Exemplare.
Ebenfalls in Bonn-Oberkassel erhalten ist ein Stationsschild mit Helvetica Buchstaben und fernblauer Umrandung.
Seit 1998 hat die DB ihr Design komplett auf das heute gebräuchliche Blau umgestellt. Die Schrift heute ist eine extra hergestellte Abwandlung der Helvetica. Die Bahn AG hat sich diese und viele andere Schriftarten schützen lassen.
Als Beispiel für eine aktuelles Stationsschild zeige ich hier mal Cloppenburg. Deutlicher Unterschied ist auch, dass die Buchstaben nicht auf dem Schild zentriert werden.
Soweit mein Senf zum Thema Stationsschilder. Macht was draus, denn es lohnt sich. Am einfachsten ist es natürlich, das Foto eines Stationsschildes, so man es denn hat, in der passenden Größe auszudrucken.
Am Schluss noch ein besonderes Schild von unserer Hochzeitsreise:
Das Stationsschild der japanischen Bahnstation "Inari" in Kyoto. Weil in Japan mehrere Schriftarten gebräuchlich sind, werden die Stationen stets mit Hiragana, Kanji und lateinischen Buchstaben, zufällig nutzt man auch die Helvetica als Schriftart, beschrieben.
Nachtrag:
Keine Regel ohne Ausnahme. In ganz Deutschland hatte sich bei den Stationsschildern die Farbgebung weißes Schild mit schwarzer Schrift durchgesetzt. Ganz Deutschland? Nein, denn im Ruhrgebiet hatte man irgendwann einen anderen Weg eingeschlagen. Hier war weiße Schrift auf blauem Grund bei allen Schildern üblich, also auch bei den sonstigen Wegweisern und Informationsschildern, die auf einem Bahnhof gebraucht werden, als da wären: Ein- und Ausgangswegweiser, Gleisbezeichnungen, Hinweise über Schaukästen und auch Stellwerksbezeichnungen. Bei den Schriften scheint es sich vorwiegend um DIN 1451 Mittelschrift zu handeln. Mutmaßlich stammt diese Beschilderung also noch aus den 30er Jahren. Es wurden aber in den 50ern noch blauen Schilder mit Erbar Grotesk hergestellt, z.B. in Essen scheinen in den 60er Jahren noch viele Schilder ausgetauscht worden zu sein, wie man hier auf dem Foto von Herbert Schambach auf www.bundesbahnzeit.de sieht. In den 70ern findet man diese Schilder dann aber auf Fotos nicht mehr.
Am Stellwerk Westerholt West Ww hängt noch heute das blaue Stationsschild mit weißer Schrift, sogar der Hersteller ist noch klar erkennbar.
Schon erstaunlich, dass sich diese Farbgebung, vielleicht mit einem um einige noancen dunkleren Blauton, heute durchgesetzt hat.
Die Schriftart Tannenberg kann nicht von Preußen in der Länderbahnzeit verwendet worden sein, weil sie erst zwischen 1933 und 1935 entwickelt wurde (es gibt dazu einen Wikipediaartikel).
AntwortenLöschenSie wurde in vielen Bereichen verwendet, nicht nur bei der Reichsbahn.
Ein Stationsschild in dieser Schriftart findet man heute noch auf dem Bahnhof Berlin-Wannsee.