Montag, 30. Dezember 2019

Eine 53, alias G4.3, für Epoche II

Am 18.11.1991 kaufte ich mir, im zarten Alter von 9 Jahren, bei Greiving Spielwaren das Fleischmann Startset des Jahres 1991 zum Preis von 198 DM. Im Gegensatz zu all meinen Klassenkameraden musste es Gleichstrom sein, auf keinen Fall unansehnliche Pukos zwischen den Gleisen. Neben Trafo und Schienenkreis enthielt die Packung einen Güterzug, der von einer Schlepptenderlok der Baureihe 53 gezogen wurde.


Sonderlich fein war die Lok nicht, und für die Startpackung wurde sie zusätzlich entfeint. Die Lok war als 53 320 bezeichnet. Besonders unansehnlich sind die seitlichen Zahnräder, da sich der Antrieb im damit ausgefüllten Führerhaus befindet.

Über das Vorbild (63 Stck. zwischen 1903 und 1907 als Güterzuglok gebaut, Vmax=60 kmh, 27 Stück noch bei der DRG eingesetzt) machte ich mir damals keine Gedanken. Sie zog abwechselnd den Güterzug, der schnell auf 4 Wagen erweitert wurde, oder passende Fleischmann Donnerbüchsen. Zugkraft war kaum vorhanden, aber dafür war die wilde Maus bannig schnell. Umgerechnet 260 km/h brachte sie auf den Tacho. Natürlich habe ich sie nicht allzu pfleglich behandelt, einige Teile gingen verlustig.


Meine erste Modellbahn mit dem Zug aus der Startpackung.

Nach meinem Einstieg in den Dülmener Modellbahnverein stiegen die Ansprüche. Die Lok geriet in Vergessenheit, und für den Fremo war sie absolut indiskutabel. Mit dem Einstieg bei der FremOld-Gruppe fiel mir die kleine BR 53, eigentlich eine preußische G4.3, wieder in Erinnerung. Tatsächlich stand sie immernoch auf der Ablage in meinem Bastelzimmer. Beim Treffen in Dreiskau-Muckern 2019 dann die Initialzündung: Ein Vereinsmitglied hatte eine solche Lok umgebaut und auf die Gleise gebracht. Hier beim Youtube-Kanal "immerschlechtgelaunt" findet man seinen Umbaubericht.


Grundlage für den Umbau war eine bereits vorhandene Piko 55, für die ich bisher keine richtige Verwendung hatte. Da diese Lok den Antrieb im fast baugleichen Tender hat ist sie ein idealer Teilespender.

Nun war sie fällig, die Lok aus Kindertagen. Nach dem Ausachsen wurde der Rahmen des Motors, des Getriebes und etwa 3 mm Stärke auf der Oberseite beraubt und die für das Antriebszahnrad vorhandene Leerstelle auf der Linken Seite verschlossen. Die Vorhandene Stromabnahme ist zwar etwas kritisch (auf dem Rahmen liegt immer ein Potential an) aber etwas Besseres ist mir nicht eingefallen.


Kaum wiederzuerkennen ist die G4.3 nach dem Umbau. Besonders Auffällig ist aus meiner Sicht das nun nicht mehr so düstere Führerhaus.

Hart an der Grenze waren die Radsätze. Da die Zahnräder fest an die hinteren 2 linken Antriebsräder angegossen sind war hier mutiges Anpacken nötig. Die Zahnkränze wurden mit der Pucksäge im Schraubstock entfernt. Den 1,3 mm Spurkränzen ging es eingespannt in der Minimot, die wiederum im Schraubstock steckte, an den Kragen. Mit der Feile. Mittlerweile habe ich auch gelernt die Vernickelung der Lauffläche dabei nicht zu killen. So eine einfache Lok ist toll zum Üben. Danach habe ich mich auch an das Ausachsen einer GFN P8 heran getraut.


Der Tender wurde nur mit Weinert Stangenpuffern, echter Kohle und die Ergänzung des Gastanks veredelt.

Die Loklaternen wurden von Fleischmann leider nicht freistehend, sondern im vorderen Umlauf integriert dargestellt. Da war einige Schnitzarbeit nötig. Für ordentliche Laternen wurden die ausgeschlachteten Piko Laternen mit Goldenwhite-LED ausgestattet. Und das Loch für die GFN-Schwanenhals-Kupplung wurde mit einer Polystyrolplatte verschlossen. Dann wurden die originalen Puffer abgesägt und durch Rolf Weinert Stangenpuffer ersetzt. Als Zugeinrichtung wurde der OBK-Lokhaken von Michael Weinert verbaut.


Bei der veredelten Lok, die hier Modell stehen musste, ist der unansehnliche und hinten offene GFN-Dreipolmotor durch ein Vorhangimitat getarnt.

Das Führerhaus war nach dem Ausbau des Motors (eigentlich habe ich ihn heraus gesägt, weil er Teil des Rahmens ist) schon einmal aufgeräumt. Als nächstes musste die am Gehäuse verbaute Rückwand entfernt werden. Bei der Gelegenheit fielen die klobigen Griffstangen direkt mit. Das entstandene Loch zum Boden und Kessel habe ich durch die entsprechenden Teile der Piko Lok ersetzt. Der Stehkessel ist zwar nur sehr rudimentär, aber das ich nicht vor habe eine Beleuchtung einzubauen kann man damit leben.


Im Führerhaus befindet sich nun ein Stehkessel mit Bedienarmaturen, und auch für Lokführer ist genug Platz. Etwas Farbe wird den Eindruck hier noch verbessern.

Der Kessel der Startsetlok war einiger Teile beraubt, auf dem Dach fehlte die Dampfpfeife. Die Pikolok konnte auch hier aushelfen. Die fehlenden Griffstangen wurden durch 3 mm Draht und Befestigungen von Weinert Nr. 8465 dargestellt. Die entsprechen, im Gegensatz von den 1 mm dicken Wurstrohren, die Fleischmann dem Katalogmodell ansteckte, dem Vorbild. Diese Halterungen passen auch für die Griffstangen am Führerhaus, auch wenn sie etwas fummelig zu bohren und anzubringen sind. Sonst habe ich keine großen Verbesserungen am Kessel gemacht. So schlimm finde ich die angespritzten Leitungen nicht, und den Aufwand habe ich gescheut. Einige massiv angespritzte Bauteile, die Leitung zum Sandkasten und zur Lichtmaschine, habe ich mit dem Skalpell freigestellt.


Der Durchblick unter dem Kessel lässt die Lok viel schlanker erscheinen. Die siedenmatte Lackierung des Umbaus fällt beim Vergleich sehr positiv auf.

Durch das Abfeilen des Rahmens unter dem Kessel entsteht viel Luft. Nun kann man unter dem Kessel hindurch schauen. Mit ein paar Polystyrolstücken wurden die Stützen des Umlauf auf den Rahmen verlängert.


Der Abstand zwischen Lok und Tender wurde erheblich verringert. Radien unter 600 mm sind nun Tabu.

Die Digitaltechnik findet leider im massiven Pikotender, alles schwarze ist ein Teil, welches nur Platz für den Motor lässt, kein Platz. Der Kessel wirkt recht geräumig, doch erste Tests ergaben, dass durch die Verwendung der Stromaufnahme in der Lok viel Reibung entsteht, und durch den Ausbau der vielen Teile die Druck auf die Räder nicht ausreicht, um die Achsen zu drehen. Also musste das halbe Gewicht wieder in den vorderen Teil des Kessels. Ganz passt der standard Dekoder nicht, daher muss wahrscheinlich noch ein kleinerer her. Auch für den Einbau von Widerständen der Beleuchtung musste jeder Hohlraum genutzt werden.


Ja, es ist die gleiche Lok. Loklaternen und die geschlossene Pufferbohle zeigen, wie weit man sich durch diese Kompromisse bei den Herstellern vom Original entfernt.

Obwohl der Umbau damit eigentlich abgeschlossen war fehlte noch ein Detail: Die Steuerung der Lok aus dem Startset war leider vereinfacht. Ein Ersatzteil ist nicht mehr erhältlich. Also wurde die nächste Börse zum Stöbern genutzt, und es ließ sich eine zerschundene Lok aufspüren, deren Steuerung vollständig war.


Die Steuerung aus dem Startset ist um einige Teile abgespeckt.

Auch die Verglasung des Führerhauses war noch so eine Sache. Zuletzt habe ich mich dann aber doch entschieden die Scheiben der Pikolok anzupassen und einzeln einzusetzen.


Die vollständige Steuerung erfreut vor allem bei rollender Lok mit vielen bewegten Teilen.

Der Umbau war mein erster komplettumbau einer Lok, bisher beschränkte ich mich ja auf Personen- und Treibwagen, und auf das Ersetzen von Teilen durch Weinert Bauteile. Endlich kann meine 28 Jahre alte Lok mitspielen. Auch wenn diese Loks in den späten 1920er Jahren kaum noch zum Einsatz kamen, sind sie eine Bereicherung für den Betrieb.


Alt und neu noch einmal im Vergleich.

Was noch fehlt sind die Lokschilder. Wahrscheinlich wird sie 53 318 heißen. Fotos aus der DRG-Zeit gibt es ja nicht, nur Listen. Da hat man einige Freiheiten. Das einzige Bild mit DRG Nummern zeigt die 53 7752, die 1943 von der PKP zurück kam.

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