Manchmal kommt man erst nach Jahrzehnten auf Themen, die eigentich sehr offensichtlich sein sollten. Bei mir waren es jüngst die Tender der Dampfloks. So waren für den grenznahen Verkehr in die Niederlande bis in die 60er Jahre hinein
Kurztender 2´2 T30 (Foto: Eisenbahnstiftung) die Regel. Diese Loks wurden durch das Bw Rheine unterhalten und von Münster, Osnabrück und Rheine aus eingesetzt. Natürlich nicht nur auf den Strecken in die Niederlande. Die Fahrzeuge kamen auf ihren Umläufen auch über Nicht-Grenzstrecken in Westfalen.
Rahmen und Fahrwerk sind innerhalb weniger Stunden montiert.
Die Loks, die mit diesen Tendern im Einsatz waren, gehörten zu den Baureihen 01 (Alt- und Neubaukessel) 03 (Altbaukessel) und 41 (Altbaukessel). Da mir vor einiger Zeit beim
Dampflokmotivarchiv das Foto eines Sonderzuges mit
41 222 in Coesfeld auffiel, der genau hinter meinem Arbeitsplatz aufgenommen wurde, sollte es diese Lok sein. In Internet und Literatur fanden sich genug Aufnahmen der Vorbildlok.
Die Löcher im Kessel müssen alle gemäß der Anweisungen gebohrt werden. Die Steuerung mit den Kupppelstangen erfordert konzentriertes Arbeiten.
Passenderweise brachte Weinert Modellbau unter der Bestellnummer 41711 zeitgleich eine 41 mit genau diesem Tender auf den Markt. Dabei sollen die alten Günther-Formen genutzt worden sein. Dazu wurde ein neuer Antrieb konstuiert und geliefert (der später noch zu Problemen führen sollte). Also ging es los. Sparschwein geschlachtet, durch gute Verbindungen einen aktzeptablen Preis erzielt und nach einigen Tagen eine der berühmten blauen Schachteln in Empfang genommen.
Nach und nach werden mehr Messingteile an den Tender aus Weißmetall gesteckt.
Es sollte mein erster Bausatz einer Lok sein. Viel ist über die Modelle von Weinert schon geschrieben und erzählt worden. Zum Glück hatte ich einen Experten im Handy zur Hand, der mir jeden Abend neuen Mut machte. Danke Volker!
Auch im Führerhaus werden diverse Teile verbaut. Der Stehkessel bleibt aber weitgehend unverändert.
Gegen die Lok an sich ließ sich nicht viel sagen. Sehr gut geklappt hat das Löten des Rahmens und die Montage des Fahrwerkes. Man muss wirklich genau den Anweisungen der Anleitung folgen und immer wieder auf dem Gleis checken, ob alles läuft wie vorgesehen. Spezialwerkzeuge habe ich nicht gebraucht. Das Vernieten einiger Teile war auch mit Hilfe eines Stichels aus dem Laubsägekasten für Kinder möglich.
Erste Stellprobe mit Tender. Oh weh, das ist ja das falsche Fahrwerk.
Der Tender war dann aber anders. Wohl, weil er aus dem alten Günther-Bausatz entstand. Das war aber kein Problem. Schlecht war aber, dass Weinert zunächst mal den falschen Antrieb beilegte. Der Austausch war aber kein Problem, nach einer Woche war der passende Antrieb da.
Das ist der Tender, der Fotolink zum Vorbild macht einen Vergleich möglich.
Die ersten Fahrversuche brachten aber Ernüchterung: Lief wie ein Sack Nüsse! Also das ganze vor die Wand.... Nein, erstmal zerlegen und analysieren. Und siehe da: In der Hektik schien man bei Weinert vergessen zu haben, die Messinglaufbuchsen zu entgraten. Dadurch verzog sich der vormontierte Getriebegehäusedeckel beim anziehen der Schrauben, die Achsen und Zahnräder fanden keinen richtigen Halt und machten schlimme Geräusche. Der Weinertmotor bringt nämlich eine Zanradkette in Bewegung. Das ist von Natur nicht der leistete Art, einen Antrieb zu konzentrieren. Rau läuft er, der Antrieb. Aber nach einiger Einlaufzeit wurde es erträglich.
Die Gussgrate der Laufbuchsen stehen deutlich über das Getriebgehäuse heraus. Zu erkennen ist auch die Zahnradkette.
Die Wartezeit auf den korrekten Antrieb wurde mit dem Bau des Führerhauses und dessen Gestaltung überbrückt. Es werden zwar keine Unmenge an Teilen angesetzt, aber durch die farbige Gestaltung der Armaturen und einiger Handräder kommt etwas Leben in die Bude. Dazu ein gedruckter Holzfußboden, schon sieht es so aus, wie sich das Lokführer und Heizer wünschen. Die genaue Anpassung des Führerhausdaches machte überraschenderweise am meisten Arbeit. Hier schien dauernd irgendetwas den richtigen Sitz zu verhindern. Nach viel Schnitzen und Schleifen passte es aber irgendwann.
Erste Farbe im Bereich des Führerhauses.
Im Führerhaus kann man sich über die eigentlich vorgesehene Detailierung hinaus austoben.
Am Kessel mussten einige Leitungen klassisch mit Messingdrähten angesetzt werden. Die Hauptleitungen sind aber bei Weinert mittlerweile in Gruppen zusammengefasst. Trotzdem muss man für jedes Teil an der vorgeprägten Stelle Löcher in der vorgeschriebenen Größe in den Kessel bohren.
Langsam verschwinden die Löcher auf der Heizerseite unter den angesteckten Leitungen, Armaturen und Griffen.
Auf der Lokführerseite kommt noch einiges an Bedienelementen dazu.
Erste wenn alle Teile angesetzt sind können Kessel und Umlauf grundiert und dann lackiert werden. Ich nehme zur Grundierung eine hellgrau leicht füllende Grundierung aus der Sprühdose, erworben im lokalen Baumarkt. Die endlgültige Farbe ist das Seidenmatt von Weinert. Ich mag es, wenn Dampfloks leicht glänzen. Bei Museumsloks ist das heute genau so. Ich bilde mir aber auf Fotos aus den 60ern ein, dass dies im Vorbild auch oft so war. Ist ja heute auch nicht anders.
Die Lok glänzt nun hübsch seidenmatt. Die geklebten Anbauteile sind jetzt auch endgültig fixiert.
Die Rote Farbe unterhalb des Umlaufes bringen viele Modellbauer als Airbrushlackierung auf. Aber auf die Abklebeorgie, bei der garantiert wieder Teile der schwarzen farbe mit abgezogen werden, wollte ich mir sparen. Also habe ich alle Bereich von Hand mit dem Pinsel lackiert. Das hat ganz gut funktioniert.
Nach schwarz kommt rot.
Dann begann ein Kapitel wie ein Albtraum: Die Verkabelung! Ich musste natürlich mal wieder alles beleuchten. Am liebsten sogar mit Duo-LED in weiß und rot. Die Messinglampen damit auszustatten war noch ohne große Verluste möglich. Aber dann begannen die Probleme: Im Kessel müssen Sounddecoder und Lautsprecher untergebracht werden. Dazu werden hier die Kabel verlegt, die auch zum Tender geführt werden müssen. Und das ganze in einer Lok, die komplett leitend aus Metall besteht. Und dazu liegt immer ein Potential an all diesen Teilen an. Das ist konstruktiv durch die Achsen bedingt, die ja auch in Messingbuchsen im Metallrahmen laufen.
Optisch ist es fast geschafft. Leider ist es ein Grauen, die Lampen funktionstüchtig zu bekommen.
Die Lampen, vorher mühsam mit Micro-LED versehen und verglast, stecken wiederum auch in diesem Strom führenden Gehäuse. Und Zack, sind wieder alle LED im Eimer. Beim nächsten mal muss ich mir dazu etwas anderes ausdenken. Alle Lampen müssen eigentlich in eine Isolierung eingesteckt werden. So habe ich es am Tender in den Griff bekommen. Eigentlich wäre es aber auch eine Lösung, wenn endlich jemand diesen verdammten Lampen als Kunststoff- bzw. 3D-Druck Teil anbieten würde. Wahrscheinlich gibt es das auch auf den Ersatzteillisten diverser Hersteller. Beim Nächsten Loknachbau werde ich definitiv diesen Weg gehen, auch wenn die Kunststoffnachbildungen der renomierten Hersteller meist minimal zu groß sind.
Bereit für den schnellen Güterzugdienst beim Fremotreffen in Bonn-Oberkassel.
Der Frust bewirkte eine einjährige Pause an dem Projekt. Doch irgendwann habe ich die Lok dann vollendet und mit der Loknummer 41 222, den DB Schildern von
Beckert-Modellbau und einigen wenigen Decals veredelt.
In Hoffnungsthal wartet die Lok auf Ausfahrt. Bald geht es zum Grenzbahnhof Kranenburg und dann, fiktiv, weiter in die Niederlande.
Eigentlich läuft sie jetzt ganz gut. Aber halt nicht Weinert-Preis-Gut. Dazu neigt die Konstruktion der Stromabnahme dazu, nach längerem Betrieb zu verrutschen und dann wieder für Kurzschlüsse zu sorgen. Das bringt dann nicht selten auch den Decoder aus dem Konzept. Ich mag garnicht daran denken was das wieder für ein Ärger wird, wenn er mal einen der Kurzschlüsse nicht überlebt.
Stellprobe in Ondrup nach den ersten Fremotreffen.
Abgesehen von einem abgerissenen Windleitbleich (lustigerweise das gleich, dessen sich das Vorbild auch einmal endledigt hat) hat sie den Fremoalltag ganz gut verkraftet. Ließ sich zum Glück leicht wieder reparieren.
Ich bin also erstmal mit dem Thema Loks aus Metall fertig. Zwar lasse ich die 41 mittlerweile auch auf Fremotreffen auf die Strecke, doch für schwache Nerven ist das nichts.
Lokführer und Heizerseite im Vergleich. .
Trotz allem Frust mache ich weiter mit dem Thema Kurztender. In den letzten Monaten sind bei der Eisenbahnstiftung unmengen von Bildern solcher Loks im nahen Münster aufgetaucht. Und mit BRAWA hat 2025 sogar ein Hersteller ein Serienmodell einer 01 NK mit Kurztender angekündigt.
Der Weinert/Günther Kurztender hat mir einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Das Resultat ist aber in Ordnung.
Noch haben sich leider viel zu wenige Modellbahner mit den Optionen bei der Tenderausrüstung befasst. Dabei ist hier die Vielfalt selbst zu DB-Zeiten noch bemerkenswert. Altbautender der Preußenloks mit 3 oder 4 Achsen, Nietentender, Kurztender, Einheitstender, Wannentender, kompletter Alleingang der Baureihe 23 Tender und die 5-achsigen Tender der 01.10 und 45er. Leute, traut euch auch mal hier exotischer zu werden! Als fester Teil der Dampfloks ist das beileibe kein Nischenthema.